„Abenteuer beginnen, wo Pläne enden.“

Der Flug nach Neuseeland ist entspannt, ruhig und vor allem kurz. Nach dem Sprung über den großen Teich nach Australien machen uns die zwei zusätzlichen Stunden Zeitverschiebung nichts mehr aus. Was die Zeit angeht, sind wir akklimatisiert. Das Wetter macht uns allerdings einen ordentlichen Strich durch die Rechnung.
Am Ankunftstag ist noch alles ganz spannend und lustig: Unser Camper-Vermieter Steve erklärt uns unseren Camper und wiederholt oft: „You’ll find a lot of things in there. There are a lot of things.“ Diesmal sind wir recht planlos und unvorbereitet und verlassen uns auf Steves Empfehlung, zunächst in Richtung Norden zu fahren. Die erste Station Orewa Beach erweist sich als guter Tipp. Wir können unseren Camper nahe am Strand abstellen, haben einen Stromanschluss, komfortable Duschen und eine große Gemeinschaftsküche.
Ganz angetan von dem guten Start, fahren wir am nächsten Tag in ein Naturschutzgebiet, in dem es einen Campingplatz gibt und stehen vor einem verschlossenen Tor. Auf einem Plakat steht, wenn man campen will, soll man die angegebene Telefonnummer wählen. Da Roland eine neuseeländische SIM-Karte hat, lassen wir es also darauf ankommen und werden tatsächlich telefonisch durch einen Registrierungs- und Bezahlvorgang geleitet und erhalten dann die Zahlenkombination für das Schloss am Tor. Der Campingplatz erweist sich als hügelige Wiese mit einer öffentlichen Biotoilette. Nun ja, deshalb haben wir ja den Selfcontained Camper. Das Naturschutzgebiet ist dann tatsächlich auch zauberhaft schön. Trotz später Nachmittagsstunde wagen wir uns noch auf einen Nature Walk und fühlen uns wie im Elfenland. Das Abendessen am Campingtisch wird allerdings schon etwas ungemütlich, da Wind und Regen aufkommen. Unser Camper ist leider schon ein älteres Modell und die Markise, die wir als Regenschutz aufbauen, hält mehr schlecht als recht. Also flüchten wir in den Camper aufs Matratzenlager, während draußen ein Regensturm zu toben beginnt. Am nächsten Morgen schaffen wir es immerhin, in einer kurzen Regenpause zu frühstücken und steuern dann unser nächstes ungeplantes Ziel an. Wir landen auf der Aroha Insel, wo man nachts Kiwis beobachten kann. Zu diesem Zweck bekommen wir gleich an der Rezeption des Campingplatzes rote Folien, um diese über die Taschenlampe zu stülpen, da die Kiwis vor weißem Licht flüchten. Wir gehen dann auch auf Kiwisuche, treffen aber leider nur auf andere Camper mit roten Lampen, was die Vermutung nahelegt, dass es sich hier lediglich um eine Beschäftigungstherapie für Touristen handelt. Wir entscheiden uns zwei Nächte zu bleiben, um uns von der letzten Nacht zu erholen und regnen vollständig ein. Leider regnet es mittlerweile auch in unseren Camper.
Also werfen wir den vagen Plan, weiter in Richtung Norden nach Cape Reigna zu fahren um und fahren stattdessen wieder gen Süden, allerdings in westlicher Richtung. Und siehe da, nach weiteren zwei Stunden Sturzregen zeigt sich endlich die Sonne. An einer Lagune halten wir an, steigen im Wasserdampf aus und sind wieder einmal verzaubert von der atemberaubenden Landschaft. Unterwegs schauen wir uns noch die riesigen Kauribäume an und wundern uns: Hier in Neuseeland muss man sich die Schuhe putzen, bevor man in den Wald geht, nicht nur putzen, sondern auch desinfizieren, sowohl wenn man hineingeht, als auch wenn man herauskommt. Schon bei der Ankunft am Flughafen fiel uns auf, dass die Neuseeländer große Angst vor eingeschleppten Keimen haben. Bei der Einreise wurden wir ausführlich befragt, was wir an Nahrungsmitteln dabei und ob wir Wanderstiefel im Gepäck hätten. Die Einfuhr von frischen Lebensmitteln und Erde ist absolut verboten. Schon Brandon erzählte uns, als wir noch in Kapstadt waren, dass es in Neuseeland nichts Gefährliches gäbe. Die Neuseeländer tun offensichtlich alles dafür, dass es so bleibt.
Am Abend landen wir auf einem Luxus-Campingplatz in wunderschöner Naturkulisse. Das Wetter hält und wir bestaunen den Sternenhimmel, der so ganz anders aussieht, hier am anderen Ende der Welt. Wieder denken wir an Brandon. Denn er hat uns das Sternbild: Kreuz des Südens beschrieben und sehr bedauert, dass er es uns in Kapstadt nicht mehr zeigen konnte. Brandon, wir haben es gesehen, hier am neuseeländischen Himmel. Das nächste Highlight ist ein Strandspaziergang und der Sonnenuntergang am Piha Beach, wieder mit atemberaubender Naturkulisse. Der dann einsetzende Starkregen bringt uns recht unsanft wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.
So geht es weiter: Highlights im Sonnenschein gefolgt von Unbequemlichkeit im Regen. Wir brauchen einige Tage, um uns an das Camper-Dasein zu gewöhnen: An einigen Campingplätzen vergessen wir Teile unserer Ausrüstung. Die Befriedigung der Grundbedürfnisse wie Essen, Duschen, Wäsche waschen werden manches Mal zur Herausforderung. In der Nacht pieseln zu müssen, erweist sich vor allem bei Regen als sehr unpraktisch und wird immer zur gemeinschaftlichen Aktion, da der oder die andere zwangsläufig wach wird.
Wir sind uns einig: von dem, was wir bisher landschaftlich gesehen haben, ist Neuseeland kaum zu toppen, aber das Campen muss man mögen. Durch die täglichen vielen Erlebnisse und neuen Eindrücke kommen wir hier nicht richtig an, aber das Ankommen ist wohl auch nicht der Sinn des Campens. Wir arbeiten an uns und versuchen, den Weg als Ziel zu sehen.
Im Coromandel am Hot Water Beach soll es heiße Quellen geben, so dass man sich bei Ebbe einen Hot Pool in den Sand graben kann. Zu diesem Zweck werden am Campingplatz Spaten verliehen. Wir buddeln wie die Weltmeister, stoßen aber nur auf ordinäres kaltes Meerwasser und fürchten schon, dass wir einer weiteren Touristenfalle aufgesessen sind, aber dann tatsächlich: Die von unseren Nebenbuddlern ausgehobenen Löcher sind wirklich mit heißem Wasser gefüllt. Wir haben an der falschen Stelle gegraben. Also werfen wir das Handtuch, beziehungsweise den Spaten und ziehen weiter.
Nach der Besichtigung von Hobbiton mittels einer sehr kommerziellen Führung durch das Filmset, welche wir als Herr-der-Ringe-Fans natürlich mitnehmen mussten, führt uns der vorletzte Stopp auf der Nordinsel an den Lake Taupo. Hier dürfen wir unseren Camper direkt an das Seeufer stellen und ja, die Sonne scheint. Wir bleiben zwei Nächte und genießen das herrliche Badewetter. Dass wir den Highway Number One 50 Meter hinter uns haben, blenden wir einfach aus.
Eine sehr positive Seite des Campens ist die Kommunikationsfreudigkeit und Hilfsbereitschaft der anderen Camper. So erhalten wir am Lake Taupo nicht nur wertvolle Tipps für die Erkundung der Südinsel und eine Zange, um unsere demolierte Markise zu reparieren, sondern auch eine Salbe gegen die Insektenstiche, da auf der Südinsel laut Information unserer Camping-Nachbarn eine wahre Plage stechfreudiger Sandfliegen herrschen soll.
Lassen wir uns also überraschen, steuern Wellington an und setzen morgen mit der Fähre auf die Südinsel über. Auf zu neuen Abenteuern!

Unser Lieblingsessen: Spaghetti, wahlweise mit Gemüse vom Farmer’s Market oder mit Thunfisch aus der Dose.
Unser Lieblingsdrink: Rotwein: neuseeländischer Cabernet Sauvignon oder australischer Shiraz.

Gelesene Lektüre: Catherine Robertson – 1. The Sweet Second Life of Darrell Kincaid 2. The Not So Perfect Life of Mo Lawrence 3. The Misplaced Affections of Charlotte Fforbes.
Diese Triologie ist eine unterhaltsame Lektüre, allerdings eher für Frauen und nicht sehr anspruchsvoll. Der erste Teil ist der spritzigste, während die Folgeromane an Tiefgang verlieren und emotional etwas arg dick auftragen. Die Autorin stammt aus Neuseeland. Ihre Romane spielen allerdings in England und den USA.

Verwendeter Reiseführer: Tipps der anderen Camper.