„Wer nicht reist, wird nicht den Wert der Menschen schätzen lernen.“
Aus Mauretanien

Unsere Reise beginnt nach einem ruhigen Flug in Kuba. Spannung und Vorfreude lassen uns die elf Stunden unbequemes Sitzen und das lange Warten aufs Gepäck ertragen. Gleich am Ausgang des Flughafens erwartet uns der Ansturm der Taxifahrer. Jeder will uns ins Zentrum fahren und bietet an zu warten, bis wir Geld gewechselt haben. Das Geld Tauschen funktioniert erstaunlich reibungslos und nach kurzer Preisverhandlung fährt Carlos uns zu unserer ersten Unterkunft in Havanna.

Unsere Vermieter Jenny und Arnaldo nehmen sich viel Zeit, uns Havanna von der Dachterrasse aus zu erklären. Wir sind beeindruckt, aber hundemüde, denn für uns tickt die Zeit noch europäisch. Trotzdem machen wir uns nach kurzem Auspacken und einer Dusche noch auf zum Malecón. Aus dem geplanten kurzen Spaziergang wird eine längere Nachtwanderung durch das alte Havanna, an deren Ende wir doch nach dem Weg fragen müssen und zu unserer Erleichterung feststellen, dass die Kubanerinnen sehr freundlich und hilfsbereit sind.

Immer noch im Jetlag stehen wir noch kurzem Schlaf schon wieder im Morgengrauen auf und setzen unsere Erkundung Havannas am frühen Morgen fort. Diesmal ist Roland mit seiner Kamera bewaffnet und ganz entzückt von den vielen Motiven, die wir vorfinden.

Havannas Straßen, eher trostlos bei Nacht, zeigen sich nun zwar immer noch heruntergekommen aber in vollendetem Charme. Am Vormittag schließlich erwacht die Stadt zu quirligem Leben. Zwar werden wir öfter angesprochen: „Taxi?“ „Want cigars?“ „Hola, where you from, Italia, German…?“ „Hola, happy Honeymoon!“, aber niemand ist aufdringlich und unsere Absagen werden akzeptiert.

Beklemmend finden wir die Berge an Müll in den Straßen, die Abgase und das Öl im Meer. Auch die sichtbar schlechte wirtschaftliche Situation des Landes stimmt uns nachdenklich: In Geschäften gibt es nur die absoluten Basics. Die Kubaner stehen Schlange und werden nur in kleinen Gruppen hineingelassen.

Was das Salsa Tanzen angeht, werden wir zunächst enttäuscht. Das uns empfohlene 1830 wurde von Hurricane Irma zerstört. Die Casa de la Música öffnet erst nächstes Jahr wieder. Aber plötzlich hören wir Salsaklänge und folgen einfach der Musik. Wir finden uns auf der Dachterrasse eines großen Hotels wieder und lassen den Abend bei Mojito, Livemusik und Salsa tanzend ausklingen.

Ab sofort machen wir es immer so und finden auch tagsüber immer wieder Gelegenheiten, auf der Straße bei Livemusik zu tanzen.

Bei einem Kaffee mit unseren Vermietern erfahren wir Interessantes über die aktuelle Situation in Kuba: Fidel hat den Leuten nach der Revolution Wohnungen zugeteilt, Eigentum, dass sie jedoch nicht vermieten oder verkaufen durften. Mittlerweile dürfen sie vermieten und verkaufen und auch das Land verlassen, wenn sie das Geld dafür haben. Einige Kubaner verkaufen also ihre Wohnungen, um in ein anderes Land gehen zu können. Wenn sie dann allerdings zurück wollen, haben sie keine Wohnung mehr. Die gesamte Ausbildung wird vom Staat finanziert, inklusive Unterkunft, Verpflegung und Transport. Der Verdienst während und nach der Ausbildung ist jedoch gering. Laut Arnaldo kümmert sich der Staat sehr um seine Leute: die soziale und medizinische Versorgung ist gut. Hilfeleistungen zum Beispiel nach dem Hurrikan erfolgen schnell. Nachdem schon vor einiger Zeit öffentliche Hotspots eingerichtet wurden, gibt es mittlerweile auch Internetanschlüsse in Privathaushalten. Materielle Besitztümer sind allerdings rar. Arnaldo ist 54 Jahre alt und hat noch nie ein Auto besessen, was für ihn jedoch ein Symbol der persönlichen Freiheit darstellt. Es gibt kaum Autos zu kaufen. Die, die es gibt, kosten zwischen 20.000 und 30.000 CUC. Arnaldo fasst die Situation mit einem Sprichwort zusammen: „Der Kubaner ist wie ein Delfin, das Wasser steht ihm bis zum Hals und er applaudiert.“ Jenny beschreibt aber, dass sich die Situation für die Kubaner seit der Regierung unter Raúl sehr verbessert hat. Nächstes Jahr steht jedoch ein Regierungswechsel an und man ist sehr gespannt, was passieren wird. Ganz begeistert erzählen die beiden vom Besuch Obamas in Kuba und dass sich die Beziehungen zu den USA sehr verbessert hätten. Während er bei den Kubanern sehr beliebt ist, wirkt die Erwähnung Trumps eher wie ein rotes Tuch. Er mache alle positiven Entwicklungen wieder rückgängig. „Die kubanische Gesellschaft ist wie ein Krebs, das, was sie vorwärts geht, geht sie auch wieder zurück.“, sagt Arnaldo.

Voller neuer Eindrücke und etwas nachdenklich setzen wir unsere Reise nach Viñales fort. Der Transport, von Jenny und Arnaldo organisiert, funktioniert reibungslos: Wir werden von einem Taxi colectivo abgeholt und zu unserer nächsten Unterkunft gebracht.

In Viñales verbringen wir entspannte Tage in ländlicher Atmosphäre. Hier sitzt man im Schaukelstuhl auf der Veranda und trinkt Rum. Es handelt sich um ein Touristendorf. In jedem Haus werden Zimmer vermietet. Da die Saison noch nicht begonnen hat, genießen wir die Tage hier trotzdem. Der Regen bremst unsere Unternehmungslust etwas, aber wir haben Glück und können immerhin einen Ausflug zu Pferde zu Tabak- und Kaffeeplantagen machen und uns im Oldtimer zum Strand fahren lassen. Die Mücken sind allerdings eine Plage. Kulinarisch werden wir von unserer Gastgeberin Norma verwöhnt, die gut und reichlich kocht. Es gibt Fisch, Huhn oder Schweinefleisch, Reis, Bohnen- oder Kichererbseneintopf, Kürbis, Kartoffeln, Süßkartoffeln, Kochbananen, Salat und Obst. Obwohl ich Norma schon am ersten Abend erkläre, dass wir zu zweit unmöglich so viel essen können, fällt es ihr schwer, die Menge zu reduzieren. In Gesprächen mit ihr erfahren wir, dass Langusten nicht an Touristen verkauft werden dürfen, da sie für den Export bestimmt sind. Auch Rindfleisch gibt es nur sehr wenig, da es Kranken, Schwangeren und Kindern vorbehalten ist. Rinder zu schlachten sei verboten und würde mit Gefängnis bestraft.

Auch der Transport nach Trinidad ist gut organisiert, allerdings mit sieben Stunden sehr lang und nicht ganz so bequem. Zweimal wechseln wir das Auto, wobei die Qualität der Autos stetig abnimmt. Auf der letzten Etappe von Cienfuegos nach Trinidad werden wir von lautem Reggaeton beschallt und vom Fahrtwind durchgeblasen.

Aber die Fahrt hat sich gelohnt. In Trinidad nehmen uns Pepe und seine Haushaltshilfe Arasay in einer sehr eleganten und stilvollen Unterkunft in Empfang. Wir fühlen uns tatsächlich wie ein Fürstenpaar und Roland passt sich auch gleich sprachlich an, während er in den begehbaren Kleiderschrank schreitet: „Ich lege dann mal die Abendgarderobe an.“ Während der nächsten vier Tage verwöhnen uns unsere Gastgeber nach Strich und Faden mit Frühstücks- und Abendessensvariationen, die nicht mehr zu toppen sind. Pepe ist ein leidenschaftlicher Koch und übertrifft sich unaufhörlich selbst. Immer wieder gesellt er sich zu uns, beobachtet uns beim Essen und wartet gespannt unsere Reaktion ab, um dann zu erklären, wie er die Leckereien zubereitet hat. Vom Haferbrei mit fruta bomba (kandierter Ananas) am Morgen, der nur ein Detail des Frühstücks darstellt, bis zum Schokoladen- und Mangoeis zum Dessert am Abend ist bei ihm alles hausgemacht. Joghurt bezieht er frisch vom Bauern aus der Umgebung. Bananenchips stellt er selbst aus Bananen aus dem eigenen Garten her. Bei Pepe bekommen wir auch Langusten und sind restlos begeistert. In Trinidad werden Langusten und Rindfleisch in jedem Restaurant angeboten, was Normas Aussage infrage stellt.

Auch in Trinidad lassen wir uns nicht vom Regen abhalten, gehen auf Fotosafari durch die Altstadt, unternehmen einen Ausflug im Taxi ins Valle de los Ingenios und lassen uns die Geschichte der Zuckerrohrplantagen erklären und fahren zweimal zum Strand, einmal mit dem Taxi und einmal mit Fahrrädern und werden zweimal vom Regen überrascht. Auch hier gibt es Mücken und wir stellen fest, dass das Karibikstrand-Erlebnis doch sehr zweifelhaft ist. Der Fahrradausflug macht uns jedoch Spaß. Ein Rad hat zwar keine Gangschaltung, was den Ausflug zum echten Workout macht, aber immerhin sind die Reifen gut und abwärts rollt es sich wunderbar.

Mit Arasay und Pepe haben wir uns so sehr angefreundet, dass uns der Abschied richtig schwer fällt.

Wieder zurück in Havanna sind wir etwas von unserer Unterkunft enttäuscht. Es handelt sich zwar um ein schönes Haus im Kolonialstil, aber die Hausherren legen offensichtlich keinen allzu großen Wert auf Sauberkeit und ein Vergleich mit unserer königlichen Unterkunft in Trinidad ist schier unmöglich.

Jedoch lässt das nächste Highlight nicht lange auf sich warten: Während eines Spaziergangs durch das alte Havanna treffen wir Felipe, den wir erst kürzlich in München kennengelernt haben, als er mit seiner Frau Mari zu Besuch bei Freunden war. Er ist professioneller Tänzer und lädt uns ein, mit ihm und seiner Tanzpartnerin zu tanzen. Die Einladung nehmen wir natürlich gerne an und erleben einige inspirierende Tänze mit den beiden bei Livemusik im Café Europa.

Unser Lieblingsessen: Ein Menü bei Pepe: Bohneneintopf, Avocado-Gurkensalat, frittierte Süßkartoffel- oder Kochbananenscheiben gefüllt mit Fisch oder Krabben, Languste mit Reis und Bananenchips, selbstgemachtes Mangoeis.
Unser Lieblingsdrink: Rum Havanna Club

Gelesene Lektüre: Zoé Valdés – La Habana, mon amour
Eine von einer Exilkubanerin verfasste Liebeserklärung an Havanna, die einigen historischen und gesellschaftlichen Hintergrund liefert. Liest sich etwas trocken, ist aber durchaus interessant.

Verwendeter Reiseführer: Cuba. Lonely Planet, September 2015
Der Lonely Planet liefert recht gute Basisinformationen. Da Kuba momentan sehr im Wandel ist, sind allerdings viele Informationen, vor allem auch Preise, nicht mehr aktuell.