Auf diesen Teil unserer Reise freuen wir uns ganz besonders. Es ist der dritte gemeinsame Aufenthalt in Südafrika. Dieses Land hat es uns angetan, auch wenn einiges sehr im Argen liegt und vieles kontrovers zu sehen ist.

Nach 20 Stunden Flug landen wir endlich in Kapstadt, müde und glücklich. Diesmal wollen wir mit einer dreiwöchigen Rundreise durch Kleine Karoo und Gardenroute starten, bevor wir uns in Kapstadt häuslich einrichten. Vor dem Büro der Autovermietung am Flughafen bleiben wir wie vom Donner gerührt stehen. Vor uns erstreckt sich eine lange Warteschlange. Am frühen Nachmittag des ersten Januars, wirklich? Hinter uns reiht sich ein englischer Herr ein, der genauso konsterniert ist wie wir. Während der 90 Minuten Wartezeit erfahren wir Interessantes von dem sympathischen Mann. Seine Frau und er lebten viele Jahre in Kapstadt, bevor sie wieder zurück nach England zogen, um ihren Kindern eine bessere Schulausbildung zu ermöglichen. Nun seien sie auf Verwandtenbesuch. Er empfiehlt uns, Namibia zu bereisen und schwärmt von der Schönheit des Landes. Wir glauben ihm gerne, sind aber so froh in Südafrika gelandet zu sein, dass wir dieses Land nicht so schnell wieder verlassen wollen. Die Warteschlange würden wir allerdings nur zu gerne verlassen und dann endlich sind wir dran. Es folgt eine weitere halbe Stunde Wartezeit am Schalter, da zwischendurch das System zusammenbricht und die arme Dame, die uns bedient, den kompletten Vertrag handschriftlich ausfüllen muss. Wir fragen uns, warum überhaupt noch etwas ausgefüllt werden muss, da wir den Wagen im Vorfeld online gebucht und sämtliche Daten bereits angegeben haben. Bei der Bezahlung mit der Kreditkarte geht dann auch noch die Papierrolle des Kartenlesegerätes aus und die nun auch schon völlig entnervte Mitarbeiterin muss einen offensichtlich längeren Weg zurücklegen, um eine neue Rolle zu besorgen. Als sie wiederkommt, entschuldigt sie sich wortreich für die Wartezeit und geht noch einmal, um gleich darauf mit zwei Flaschen Wasser für uns wiederzukommen. Nun noch der Autocheck und dann können wir endlich losfahren.

Auf geht es in Richtung Montagu. Leider ist es mittlerweile so spät am Nachmittag, dass wir die vielen Tipps, die uns unser Vermieter Philip für die Fahrt gegeben hat, kaum wahrnehmen können. Es reicht gerade noch für eine Kaffeepause an einer Raststätte. Trotzdem genießen wir das angenehme Klima und die Landschaft sehr. In Montagu erwartet uns dann ein herzliches Willkommen in Form eines gefüllten Kühlschranks und eines sehr netten Grußes auf einer Kreidetafel. Wir sollen die Seele baumeln lassen und unsere Zeit hier genießen. Das nehmen wir uns in den nächsten Tagen zu Herzen, machen gemütliche Spaziergänge, probieren uns durch die Weine einiger nahgelegenen Weingüter und genießen unser sehr geschmackvoll eingerichtetes Cottage. Philip ist gerade auf Verwandtenbesuch in Schottland, aber sein Sohn Rowan kümmert sich rührend um uns, indem er uns zum Beispiel eines Morgens mit selbst gebackene Muffins überrascht.

Hier gehören Stromabschaltungen „loadshedding“ zum Alltag. Der Stromvertreiber „Eskom“ schaltet turnusmäßig in verschiedenen Regionen zu unterschiedlichen Zeiten den Strom ab. Hierfür gibt es ein ausgeklügeltes System mit unterschiedlichen Stufen. Nach einiger Recherche gelingt es auch uns an einem entsprechenden Stundenplan abzulesen, wann uns der Strom abgeschaltet wird. In der Regel sind es Intervalle von zwei Stunden. Philip und seine Familie sind gut vorbereitet und für die Loadshedding Phasen mit Solarstrom und einer Batterie abgesichert. Allerdings können damit keine stromintensiven Geräte wie Wasserkocher, Toaster, Waschmaschine etc. betätigt werden. Immerhin funktionieren Licht, Internet und Kühlschrank. Der Herd wird glücklicherweise mit Gas betrieben.

Nach vier Tagen fällt es uns schwer, unser gemütliches Cottage zu verlassen. Doch es wartet die nächste Unterkunft auf einer Straußenfarm in Oudtshoorn. Hier wohnen wir in einem umgebauten Stall inmitten von Straußen, Schafen und Katzen. Auch hier begrüßen uns unsere Vermieter Elzette und Morné herzlich. Sie führen einen kleinen Restaurantbetrieb und bewirten uns auf Bestellung mit Straußenfleisch in verschiedenen Varianten. Wir bleiben im Entspannungsmodus und machen nur einen Ausflug über den spektakulären Swartberg Pass nach Prince Albert, einem kleinen hübschen Bergdorf, benannt nach dem Ehemann der englischen Königin Victoria.

Loadshedding ist auch in Oudtshoorn ein Thema. Elzette und Morné haben ebenfalls eine Notstrombatterie. Diese versorgt aber nur das Licht und das Internet. Der Kühlschrank fällt also jedes Mal für zwei Stunden aus und das bei Temperaturen zwischen 30 und 40 Grad. Als wir Morné fragen, warum er keine Solaranlage hat, erklärt er uns, dass diese sehr teuer und zudem besteuert seien. Er beschwert sich über das korrupte System, in dem privilegierten Leuten der Strom weder abgeschaltet würde, noch müssten sie für den Strom bezahlen. Wir erinnern uns, dass wir vor sechs Jahren einen Immobilienmakler in Llandudno angesprochen hatten, warum neue Häuser nicht mit Solardächern gebaut würden. Seine Antwort war auch, dass es zu teuer sei und sich deshalb nicht rentieren würde.

Wieder nach vier Tagen und einem herzlichen Abschied mit vielen Tipps für die Weiterreise von Elzette verlassen wir die Kleine Karoo und fahren in Richtung Küste und Gardenroute nach Plettenberg Bay. Hier erwartet uns ein weiteres Highlight. Empfangen werden wir von Liz auf einer Farm mit Pferden, Hunden, Katzen, Gänsen und Hühnern. Auf dem Grundstück gibt es einen Wald, einen Seerosenteich und hügelige Wiesen, soweit das Auge reicht. Die Pferde sind nicht zugeritten, dürfen sich frei auf der Farm bewegen, sind sehr freundlich und klopfen ab und zu an, um eine Möhre zu bekommen. Auch Hannes klopft noch am ersten Abend an und bringt uns ein Dutzend Eier der eigenen Hühner und einen Korb Minze aus dem Garten. Unser Cottage ist ein Traum, geräumig, gemütlich und komplett mit Solarstrom und Regenwasser versorgt, so wie auch das Haupthaus der Farm, in dem Liz und Hannes wohnen. Wir sind verblüfft. Geht das, hier in Südafrika, nur von Regenwasser und Solarstrom leben? Das finden wir so spannend, dass wir Liz zu einem Plauderstündchen einladen. Sie kommt sehr gerne und erzählt uns alles, was wir wissen wollen. Natürlich muss man mit Wasser und Strom haushalten. Die beiden haben lange gebraucht, bis sie durch viel Ausprobieren herausgefunden haben, wie es gut funktioniert. Aber ja, sie sind „off the grid“, das heißt unabhängig von staatlicher Strom- und Wasserversorgung. Allerdings mussten sie schon Wasser kaufen, als die Trockenperioden zu lang wurden. Das komme dann in einem Tank und sei teuer. Mittlerweile haben sie aber so viele Tanks, um Regenwasser zu sammeln, dass es nur noch selten vorkommt. Allerdings beschreibt Liz auch das ständige Dilemma: Wenn es regnet und man glaubt, sich eine lange Dusche gönnen zu können, muss man bedenken, dass man durch die Wasserpumpe viel Strom verbraucht, der ja wiederum nur produziert wird, wenn die Sonne scheint. Beim Wäsche waschen verhält es sich ähnlich, da die Waschmaschine viel Strom verbraucht. Außerdem trocknet die Wäsche bei Regen schlechter. Wir denken uns, wenn alle so bedacht mit den Ressourcen umgehen würden, wären vielleicht noch genug für alle da. Liz kann uns nicht bestätigen, dass Solardächer besteuert würden, erzählt uns aber, dass die Regierung darüber nachdenke, eine Gebühr für Produktion von Solarstrom zu erheben, was bedeuten würde, dass die Leute, die ihren eigenen Strom produzieren, dafür bezahlen müssten, eine absurde Vorstellung.

Liz arbeitet auf der Farm und leitet ein Township Projekt zur Unterstützung von Mädchen, während Hannes Friseur und begnadeter Koch ist, so dass wir uns an einem Abend von ihm mit köstlichen Spaghetti Bolognese aus Straußenfleisch, Salat aus dem Garten und selbst gebackenen Brownies mit Eis bewirten lassen. Wir würden uns sehr gerne öfter von Hannes bekochen lassen, befürchten aber, dann kugelrund zu werden und belassen es deshalb bei dieser einmaligen wunderbaren Erfahrung. Dazu kommt, dass wir auch hier nicht so recht aus unserer Komfortzone wollen. An einem Regentag bleiben wir einfach in unserem Cottage und schauen den Pferden zu. Schließlich ringen wir uns doch noch zu einer sehr schönen, aber anstrengenden Küstenwanderung im Nationalpark durch und statten dem schicken Küstenort Knysna, den wir von unserer letzten Reise in der Region kennen, einen Besuch ab.

Der Abschied von Liz, Hannes und den Pferden fällt schwer, aber auch in unserer nächsten Unterkunft in Wilderness werden wir herzlich willkommen geheißen. Ronelle und Stefan sind waschechte Südafrikaner, haben früher auf einer Farm gelebt und diese bewirtschaftet und sind dann nach Wilderness gezogen, einem landschaftlich sehr schönen Fleckchen Erde mit üppigem Grün, Flüssen und Seen. Auch sie leben seit wenigen Wochen „off the grid“. Wasser gewinnen sie schon lange aus Regenwasser und einem eigenen Bohrloch. Vor kurzem haben sie nun auch noch ihre Stromversorgung auf Solarstrom umgestellt. Als wir nach den Plänen der Regierung fragen, lacht Stefan und sagt, bis die handeln würden, verginge vermutlich noch viel Zeit und bis dahin würden sie sich etwas anderes überlegen. Außerdem wären die Stromleitungen noch vorhanden und er könnte jederzeit wieder umsteigen. Ronelle beklagt den verschwenderischen Umgang der Südafrikaner mit Wasser und gesteht, sie sei genauso gewesen, bis sie umgestellt hätten. Jetzt weiß sie, das Wasser im Tank ist alles, was sie haben. Ja, es wäre gut, wenn hier endlich ein allgemeines Umdenken stattfinden würde.

Die Hauptattraktion in Wilderness ist wohl die „Map of Africa“, ein Aussichtspunkt, von dem aus die Landschaft wie der afrikanische Kontinent aussieht. Wir finden es ganz nett, sind aber wesentlich begeisterter von einer weiteren Wanderung im Nationalpark mit einem Wasserfall und Pools zum Baden. Roland ist es einen Tick zu kalt, ich finde es herrlich erfrischend. An meinem Geburtstag gehen wir in ein einfaches Austernlokal im Picknickstil, das wir nie gefunden hätten, wenn uns Liz nicht den Tipp gegeben hätte. Wir bestellen die Austern, bekommen sechs verschiedene Toppings dazu, können uns im Lokal Brot und Aufstriche holen, genießen das legere Ambiente und sind ganz begeistert. Wieder mal ein Highlight! Anschließend machen wir einen ausgedehnten Strandspaziergang, ein perfekter Tag.

Und schon wieder heißt es Abschied nehmen. Die Fahrt zur letzten Etappe unserer Rundreise dauert etwas länger und Stefan versorgt uns mit Tipps für die Reiseroute. Wir folgen seiner Empfehlung, nehmen die etwas längere, dafür aber landschaftlich schönere Strecke und legen einen kurzen Stopp in Swellendam ein, einem wunderschönen Ort, den wir auch schon von unserer letzten Reise kennen. Vorher halten wir zum Lunch in dem verschlafenen kleinen Ort Saugatuck und essen in einem urigen kleinen Lokal, dem „Paradise Organic“. Es wird von zwei Männern geführt, die gegensätzlicher nicht sein könnten. Der eine sehr ruhig und zurückhaltend verschwindet sofort in der Küche, der andere lustig, zum Plaudern aufgelegt wuselt um uns herum, fragt uns zu unserer Reise aus und erzählt uns von seinen Reisen. Er klagt, dass sie jetzt, wo sie dürften (Zu Zeiten der Apartheid hätten sie nicht gedurft.), nicht mehr reisen könnten, weil ihre Währung, der Rand so schwach sei. Unser Glück. Für uns betragen die  Lebenskosten in Südafrika nur noch etwa zwei Drittel im Vergleich zur letzten Reise. Zu essen gibt es frisch gepressten Saft, einen bunt gemischten und sehr kreativ dekorierten Salat und hausgebackenes Brot. Wir sind die einzigen im Lokal, aber sehr angetan von diesem schönen Erlebnis.

Schließlich kommen wir in Sandbaai an, einem Küstenort nicht mehr weit vor Kapstadt und direkt neben Hermanus. Hier ist der Empfang zum ersten Mal weniger herzlich und eher kurz und geschäftsmäßig. Die Vermieter sind zwei Herren, den Fotos nach Bodybuilder. Einer von ihnen begrüßt uns und zeigt uns kurz das Apartment. Auch hier ist Loadshedding wieder ein Thema. Es gibt Notstrom für Licht und Internet und wir sollen uns eine App herunterladen, die uns informiert, wann der Strom abgeschaltet wird. Alles klar. Von dem Apartment sind wir etwas enttäuscht. Es entspricht nicht mehr den Fotos und ist etwas heruntergekommen. Wir richten uns trotzdem ein und machen Ausflüge nach Hermanus, schwimmen dort in einem Gezeiten Pool, wandern an der Küste entlang und besuchen ein Weingut im Hemel en Aarde Valley (Himmel und Erde Tal), das so heißt, weil die Berge so hoch sind, dass man nur Himmel und Erde sehen kann. Da vom Meer her kühle Luft ins Tal strömt, ist der Wein, der hier angebaut wird, etwas leichter. Es gibt vor allem Chardonnay und Pinot Noir. Das Weingut ist ein kleiner Familienbetrieb und wir werden recht burschikos bedient, finden es aber durchaus amüsant. Uns wird eher be- als empfohlen, wo wir uns hinsetzen sollen, um es in dieser Hitze auszuhalten, nämlich draußen, wo etwas Wind ginge. Als ich einwende, dass doch aber drinnen im offenen Bereich mehr Schatten sei, wird uns schroff erklärt, dass der Wind aber nicht durch die Wand käme. Also setzen wir uns kleinlaut nach draußen in den Halbschatten, um uns wenig später heimlich nach drinnen umzusetzen. Der Wein, den wir dann probieren, ist nicht so unser Ding, wie wir schon vermutet hatten, da wir Chenin Blanc und Pinotage Fans sind. Die kalte Platte, die wir zum Essen bekommen, ist allerdings sehr reichhaltig und trifft voll unseren Geschmack.

Während unserer Spaziergänge haben wir das Glück, viele Tiere zu sehen. An der Küste beobachten wir einen Wal, Delfine und Seerobben, während auf dem Weg Klippschliefer an uns vorbeisausen und direkt neben uns eine Schildkröte krabbelt. Auf einem Abendspaziergang sehen wir eine Eule.

Die Gardenroute hat ihrem Namen alle Ehre gemacht und uns wunderbare Einblicke in Tier- und Pflanzenwelt gewährt.