„Der echte Reisende ist immer ein Landstreicher, mit den Freuden und Versuchungen und der Abenteuerlust.“
Konfuzius (551 – 479 v. Chr.), chinesischer Philosoph

Nach einem durchaus angenehmen Flug, beginnt unser Aufenthalt in Bariloche etwas holprig: Unsere Vermieterin in Bariloche haben wir einen Tag vor Abflug über unsere genaue Ankunft informiert. Da keine Reaktion erfolgte, schicken wir gleich nach unserer Ankunft am Flughafen eine WhatsApp. Wieder keine Reaktion. Wir nehmen also ein Taxi zur Unterkunft und stehen vor einem recht schönen modernen Gebäude mit ausgezeichneter Lage direkt am See, aber vor verschlossener Tür und in orkanartigem Wind bei circa 11 Grad. Vor uns ein Tableau mit den Nummern 1 bis 9, aber kein einziger Name. Das kommt mir bekannt vor. Auch in Spanien stehen an den Klingeltableaus Nummern statt Namen, sehr unpraktisch, wenn man nur den Namen, nicht aber Stockwerk und Wohnungsnummer kennt. Immerhin gibt es auf dem Tableau ein Männchen, was nach Portier aussieht. Wir drücken probehalber darauf. Es ertönt ein Wählzeichen, aber leider meldet sich niemand. Zum Glück gehen die Bewohner des Hauses ein und aus und ich beginne mit einer Umfrage, ob eventuell jemand unsere Vermieterin kennt. Leider kennt sie keiner und der portero sei gerade auf Reisen in Chile. Das ist Pech. Aber auch hier werden wir durch die große Hilfsbereitschaft der Argentinier versöhnt. Eine Bewohnerin lässt uns ins Haus, damit wir nicht in der Kälte stehen müssen. Schnell stellen wir allerdings fest, dass man nicht nur einen Schlüssel zum Hinein- sondern auch zum Hinausgehen braucht. Wir sind also in der Eingangshalle eingesperrt. Nicht so schlimm, denn Bewohnerin Patricia bringt uns ihr mobiles Internet-Empfangsgerät und empfiehlt uns, gleich an Airbnb zu schreiben und um Klärung der Angelegenheit zu bitten. Außerdem gibt sie uns den Kontakt eines Freundes, der Apartments im Zentrum von Bariloche vermietet. Wir nehmen also Kontakt mit Airbnb und Patricias Freund auf. Leider muss Patricia dann das Haus verlassen und wir sind wieder ohne Internet und eingesperrt. Als Bewohner Diego erscheint, ergreifen wir die Gelegenheit, mit ihm das Haus wieder zu verlassen. Als ich Diego frage, wie wir am besten ins Zentrum kämen und wo ein Café mit Internet sei, wirft er einen Blick auf unser Gepäck und bietet sofort an, uns ins Zentrum zu fahren. Außerdem hätte er einen Freund, der im selben Gebäude ein Apartment vermieten würde. Während der Fahrt ins Zentrum lässt er mich mit seinem Handy mit diesem telefonieren. Das Apartment ist uns allerdings viel zu teuer. Im Zentrum angekommen, stürmen wir mit Sack und Pack die erstbeste Chocolaterie und trösten uns erst einmal mit Apfelstrudel und Bariloche-Torte. Dann laufen unsere Handys heiß: Während ich schon auf der Suche nach einer neuen Unterkunft bin, meldet sich bei Roland tatsächlich jemand von Airbnb, der versucht, Kontakt mit unserer Vermieterin aufzunehmen, uns aber auch schon Ersatzunterkünfte anbietet mit dem Angebot anfallende Zusatzkosten zu übernehmen. Sekunden nachdem er die Buchung storniert hat, meldet sich unsere Vermieterin. Inzwischen sind wir schon seit vier Stunden in Bariloche. Florencia entschuldigt sich vielmals, organisiert die Schlüsselübergabe mit ihrer Haushälterin und erstattet uns die Kosten für das Taxi zurück zur Unterkunft und für die erste Nacht als Entschädigung für den Zustand, indem wir das Apartment vorfinden. Leider dringt Feuchtigkeit ins Gebäude, was sich durch Schimmel an den Innenwänden bemerkbar macht. Roland kommentiert, dass die Architekten darauf achten sollten, das Gefälle auf den Terrassen vom Haus weg und nicht zum Haus hin anzulegen. Das war ihm nämlich schon in unserer Unterkunft in Buenos Aires aufgefallen. Nun ja, der Schimmel wird zumindest oberflächlich von der Haushälterin Analía entfernt und wir drehen ab sofort die Heizung auf, reißen die Fenster auf und genießen den atemberaubenden Ausblick auf den Nahuel Huapi See.

Die frischen Temperaturen und der strahlend blaue Himmel wecken unsere Abenteuerlust. Also erkunden wir Bariloche und Umgebung: Wir besteigen den Cerro Otto, einen Berg mit Drehcafé auf dem Gipfel und erfahren, dass sich einige Deutsche namens Otto nach Bariloche verirrt haben. Otto Meiling war einer der Begründer des Skitourismus in Bariloche. Nicht umsonst gilt Bariloche als argentinische Schweiz und im Zentrum kommt es uns wirklich so vor, als flanierten wir durch Ischgl. In jedem zweiten Geschäft gibt es entweder Schokolade oder Winterbekleidung. Na, da kommt doch fast Weihnachtsstimmung auf.
Der nächste Ausflug führt uns zum Circuito Chico, einem Rundweg um den Lago Perito Moreno, den wir mit Mountainbikes zurücklegen. Kurz vor dem Ende der Tour legen wir einen Kaffeestopp im Fünf Sterne Hotel LLao LLao ein und sind begeistert ob der stilvollen rustikalen Einrichtung und der Freundlichkeit des Personals. Zum Kaffee gibt es sogar gratis süße Schmankerl.
Gleich am nächsten Tag fahren wir wieder mit dem Bus nach Llao LLao, diesmal aber, um mit einem Katamaran über den Nahuel Huapi zu schippern. Wir machen Station auf der Isla Victoria, der größten Insel im See und im Bosque de Arrayanes auf der Halbinsel Quetrihué. Arrayanes sind dem Eukalyptus ähnliche Bäume, die hier bis zu 600 Jahre alt sind.
Fast jeden Abend freuen wir uns auf die Parrilla in unserem Lieblingslokal Alto el Fuego. Am ersten Abend probieren wir es auf die Empfehlung unserer Vermieterin hin aus und beschließen, dass es kein besseres Lokal geben kann. Auf allen Reisen, die wir bisher gemeinsam unternommen haben (Es sind schon einige.), erleben wir das zum zweiten Mal. Das Essen ist einfach, bodenständig und vorzüglich. Wir sind uns einig, noch nie besseres Fleisch gegessen zu haben und auch die Forelle aus dem Nahuel Huapi See ist köstlich. Dazu gibt es frischen Salat und ein Kartoffelpüree, das sich fast (aber nur fast) mit dem meines Papas messen kann.
Besonders auffällig ist hier, dass die Portionen so bemessen sind, dass man sie nicht nur teilen kann, sondern muss. Auch sonst haben wir beim Essen gehen in Argentinien bisher festgestellt, dass es üblich ist, sich alle Gerichte zu teilen. Es kommt kaum vor, dass jemand ein Gericht für sich allein bestellt. Die Kellner bringen immer extra Teller und bieten an, alles in zwei, beziehungsweise mehr Portionen zu teilen und animieren einen, dass man von allem probiert. Eine, wie wir finden, sehr angenehme und charmante Angewohnheit.
Am letzten Abend machen wir sogar noch eine Milonga ausfindig und können unsere Tangokenntnisse vertiefen.
Am Tag der Abreise steigt die Temperatur auf angenehme 25 Grad. Der Nahuel Huapi ist zum ersten Mal so ruhig und das Wasser so klar, dass wir die Steine auf dem Grund sehen können. So bedauern wir wieder einmal, dass wir schon wieder abreisen, sind aber wie immer gespannt auf unser nächstes Reiseziel: Córdoba.

Unser Lieblingsessen: In jedem Fall die Parrilla im Alto el Fuego
Unser Lieblingsdrink: immer noch Malbec Rotwein, zum Beispiel Manos Negras