Achalziche – Überraschungen in Stein gehauen

Die Fahrt von Tiflis nach Achalziche ist angenehm kurzweilig. Auf einer gut ausgebauten Straße fahren wir durch eine üppig grüne Landschaft immer direkt am Fluss entlang. Fast fühlen wir uns an das bayerische Voralpenland am Ufer der Isar erinnert.
Unsere Unterkunft in Achalziche ist einfach, aber besser als erwartet. Schnell stellen wir fest, dass hier niemand englisch oder gar deutsch spricht. Wir müssen also endlich ein paar Worte georgisch lernen, was sich als alles andere als einfach erweist. Denn diese Sprache hat es in sich. Wenn nicht wenigstens die schöne verschnörkelte Schrift in die uns bekannten arabischen Schriftzeichen übersetzt ist, haben wir keine Chance. Ist sie es, gibt es meist unterschiedliche Schreibweisen. Die Aussprache ist wieder ein anderes Thema. Glücklicherweise kann man sich heutzutage in den Online Wörterbüchern die Aussprache anhören. Dennoch ist das Übergewicht an Konsonanten selbst für uns Deutsche eine Herausforderung und wir können uns selbst eine Handvoll Wörter nur schwer merken. Immerhin Garmajoba (Guten Tag), Nachvamsis (Auf Wiedersehen) und Gmadloba (Danke) kriegen wir endlich hin. Allerdings kommen wir damit noch nicht sehr weit.
Der Ort an sich ist relativ trostlos. Viele Häuser sind heruntergekommen, teilweise verlassen. Es gibt große Baustellen. Da wir schon in Tiflis erfahren haben, dass Google in Bezug auf Restaurants in diesen Zeiten, beziehungsweise hier in Georgien keine verlässliche Quelle ist, ziehen wir schon nachmittags los, um die Restaurantszene zu erkunden. Wir steuern also ein von Google empfohlenes Lokal an und befinden uns in einem leeren Saal mit Hallencharakter. Tische und Stühle sind mit schweren Stoffen überzogen. Am Ende des Raumes hinter einer Bar steht eine Dame. Wir wollen wissen, ob das Lokal abends geöffnet hat. Da wir uns mit Deutsch und Englisch nicht verständlich machen können, versuchen wir es mit Zeichen, Zettel und Stift. Sie malt uns eine 15 auf ein Blatt Papier und zeigt uns einige Gerichte in der Speisekarte. Wir schauen uns fragend an? Ich schreibe „20h“ auf das Papier und ein Fragezeichen dahinter. Nun schaut sie fragend. Erst als Roland unsere Frage in den Google Übersetzer eingibt und ihr die georgische Übersetzung zeigt, hellt sich ihr Gesicht auf und sie nickt freudig. Ein Hoch auf die moderne Technik! Am Abend entscheiden wir uns dann doch für ein rustikaleres etwas einladenderes Kellerlokal. Wir sind die einzigen Gäste, es ist etwas kühl und Fernseher und Stereoanlage laufen um die Wette in voller Lautstärke, aber wir werden sehr nett bedient und das Essen ist gut.
Am nächsten Tag steuern wir Vardzia an, die Höhlenstadt, wegen der wir diesen Aufenthaltsort gewählt haben. Dummerweise haben wir erst am Vorabend gelesen, dass sie montags für Touristen geschlossen sein soll und heute ist ausgerechnet Montag. Wir beschließen, trotzdem hinzufahren und sie wenigstens von außen anzuschauen. Und dann erleben wir die erste Überraschung an diesem Tag. Die Stadt ist geöffnet und wir dürfen sie besichtigen. Das tun wir dann auch und klettern zwei Stunden lang durch die Höhlenwohnungen aus dem zwölften Jahrhundert. Der Bau der Stadt wurde vom König Giorgi III begonnen und von der Königin Tamar beendet. Sie beherbergte 50.000 Menschen in 3.000 Wohnungen. Besonders beeindruckend ist die in Stein gehauene Kirche, die uns ein Mönch bereitwillig aufschließt.
Froh, dass uns dieses Bauwunder nicht entgangen ist, machen wir uns auf den Rückweg und besichtigen unterwegs die Burg Khertvisi, die noch erstaunlich gut erhalten ist.
Zurück in Achalziche machen wir noch einen Abstecher zur Festung Rabati und werden zum zweiten Mal heute überrascht. Ein solches Bauwerk, beziehungsweise eine solche Ansammlung von Bauwerken hätten wir hier nicht vermutet. Hier sind alle Religionen in perfekter Harmonie vertreten. Dazu muss man allerdings bemerken, dass die Bauwerke im 21. Jahrhundert restauriert wurden und Zeugnis verschiedener Besatzungsmächte sind, die nacheinander hier gelebt haben. Trotzdem vermittelt das Ensemble heute eine friedliche harmonische Stimmung, vor allem jetzt zur frühen Abendstunde.
Nach diesem Tag voller interessanter Zeugnisse der Vergangenheit fahren wir weiter nach Batumi.