„Wer allen Reichtum in sich weiß, ihn aus sich selbst lebendig macht, der findet Fülle, wo er steht, und Paradiese, wo er geht.“
Autor unbekannt

Unser Roadtrip beginnt also in Hout Bay und führt uns über einen Zwischenstopp am Kap Agulhas, dem südlichsten Zipfel Afrikas, wo sich Atlantischer und Indischer Ozean treffen, nach Swellendam. Bevor wir am Kap Agulhas das obligatorische Foto am Gedenkstein schießen und das sehr malerisch vor der Küste liegende Schiffswrack bewundern, halten wir noch für einen kurzen Kaffeestopp im sehr beschaulichen Napier und landen in einem urigen Wollgeschäft, in dem es auch Kaffee und köstliche Gemüsescones gibt. Wirt und Wirtin sind sehr interessiert an unserer Herkunft und ganz erstaunt und erfreut, dass wir touristisch hier unterwegs sind.

Unsere Unterkunft in Swellendam entpuppt sich als Traum auf dem Lande: Wir beziehen ein Cottage auf einer Farm mit Pferden, Hunden und Hühnern in einer herrlichen Bergkulisse. Sofort wittere ich die Möglichkeit, hoch zu Ross die Gegend zu erkunden, die sich dann auch gleich am nächsten Morgen bietet. Eine Bekannte unserer Vermieterin organisiert Ausritte und führt uns zu Pferde durch die Landschaft. Anschließend fahren wir mit dem Auto über den Troudurpass nach Barrydale, wo man laut unserer Vermieterin im Diesel & Crème gewesen sein muss, um sich eine Waffel und ein Milkshake einzuverleiben. Uns reizt dann doch mehr ein Burger, der in der hausgebackenen Semmel daherkommt und auch geschmacklich überzeugt.

Uns bleiben hier nur noch wenige Tage und wir haben die Qual der Wahl, was tun. Denn Auswahl gibt es reichlich. Wir entscheiden uns für eine Strandwanderung im De Hoop National Park. Hier ist schon die lange Anfahrt über eine staubige Sandpiste ein Erlebnis, das uns sofort in eine andere Zeit versetzt. Dieses Bild der langen, einsamen, oft staubigen Sandstraße wird uns auf unserem Roadtrip noch öfter begegnen. Das Schöne ist, dass uns diese Straßen immer in ein neues Paradies führen. Daher auch der Titel dieses Blogeintrags, ein leicht abgewandelter Songtitel einer bekannten Band. So auch diesmal. Die zerklüftete Küste mit Buchten und natürlichen Schwimmbecken ist atemberaubend, die Weite und Kraft der Naturgewalten Meer und Wind respekteinflößend.
Den späten Nachmittag genießen wir dann tiefenentspannt auf der Veranda unseres Cottage mit einem Roibostee und werden uns der Vorzüge des Landlebens sehr bewusst.

Unseren letzten Tag hier beginne ich wieder mit einem Ausritt, während Roland es vorzieht, seinen Hintern zu schonen und sich der Bildauswahl und -bearbeitung für unseren Blog zu widmen. Dann besuchen wir ein weiteres Naturreservat, derer es hier viele gibt, das Grootvaderbosh Nature Reserve und dürfen nach einem etwas aufwendigeren Check-In – Wir müssen unsere persönlichen Daten hinterlegen, um eine Wandererlaubnis zu bekommen. – den Bushbucktrail begehen. Dieser führt über schattige Wege durch einen Wald, in dem es unzählige verschiedene Baumsorten gibt und Affen (Baboons), die uns über den Weg laufen. Vor denen sollte man sich in Acht nehmen, da sie sehr frech und mitunter unfreundlich werden können. An uns sind sie jedoch nicht weiter interessiert. Schließlich kommen wir an eine Schlucht, in die ein felsiger Weg hinunterführt. Die Dame am Eingang sagte uns, dass man dort schwimmen könne. Wir erreichen dann auch ein Rinnsal und einige kleine Gumpen, die wahrlich nicht zum Schwimmen einladen. Der Weg scheint aber zu Ende zu sein. Vor uns ist nur noch Dickicht und Geröll. Ich liebe das Wasser und es ist heiß, 37 Grad. Ich will es nicht wahr haben und schlage mich durchs Dickicht und siehe da, der Weg geht weiter. Auch Roland lässt sich überzeugen und wir klettern weiter bergab und da ist es, ein kleineres und ein großes Wasserbecken durch die das Wasser vom Berg fließt, umgeben von steilen Felswänden, inmitten grüner Buschvegetation. Sogar einen Schattenplatz gibt es. Wir aalen uns im erfrischenden Nass und packen dann unser Picknick aus. Außer uns ist kein Mensch hier. Jetzt fehlen wirklich nur noch der Apfelbaum und die Schlange.
Zurück geht es dann auf dem Rundweg über schöne Waldpfade. Kaum sind wir wieder bei unserem Auto angekommen, fallen die ersten Tropfen. Da wir sowieso vorhaben zu einem Weingut zu fahren, um dort etwas Wein zu probieren und eventuell auch zu erwerben, stört uns der Regen kein bisschen, zumal er ein Segen für die Natur ist. Doch dann wächst sich der sanfte Regen zu einer waren Sturzflut mit Gewitter und Hagel aus. Blitze zucken am Himmel und es grollt und donnert. Während ich mich etwas tiefer in meinen Sitz kauere und besorgt die herumfliegenden Äste und Straßenmarkierungen beobachte, fährt Roland stoisch einem Lastwagen hinterher und findet das Naturschauspiel klasse. Ich solle doch mal Fotos machen. Ich frage mich, wovon und drücke ab. Später beschwert sich Roland, dass ich nur das Armaturenbrett fotografiert hätte. Das war eben mein Sichtfeld. Also hält er kurz an und macht selbst ein gescheites Bild.
Endlich kommen wir am Weingut an. Außer uns ist niemand da, aber schließlich kommt eine nette Dame und bedient uns bestens. Wir dürfen verschiedene Weine probieren und sind begeistert von Geschmack und Preis. Also kaufen wir einige Flaschen und machen uns auf den Heimweg. Das Wetter hat sich mittlerweile beruhigt und wir können auch unseren letzten Abend hier mit einem Roibostee auf der Veranda ausklingen lassen.

Kann es überhaupt noch schöner werden? Es kann.

In Knysna, unserer nächsten Station machen wir eine jener Airbnb Erfahrungen, derer es nur wenige gibt. Sofort erinnern wir uns an die bisher einzige Erfahrung dieser Art in Salvador de Bahia, Brasilien mit unserem Gastgeber Piere, zu dem wir heute noch Kontakt haben.
Nach einem etwas langwierigen, futuristisch anmutenden Check-In auf der Insel Thesen Island, eine Art goldener Käfig in Knysna, wobei Roland seine biometrische Daten hinterlegen muss, werden wir herzlichst von unseren Gastgebern Mary und Clive und ihren zwei Yorkshire Terriern empfangen. Da die Insel durch ein Security Gate abgesichert ist, geht es auf der Insel selbst sehr gelassen und entspannt zu. Bei Mary und Clive sind alle Türen zu jeder Zeit unverschlossen. Wir haben unser eigenes Apartment mit privatem Balkon, dürfen aber durch das Haus und den Garten unserer Gastgeber zum Pavillon am Kanal. – Das Haus liegt direkt am Wasser. Sitzen wir dort, gesellen sich die beiden meist zu uns zum Plaudern. So erfahren wir auch gleich die gute Nachricht, dass in Südafrika der Lockdown bis zur Stufe 1 gelockert wurde, da die Infektionszahlen weiter gesunken sind. Es gibt also kaum noch Einschränkungen, außer dass man weiterhin eine Maske in der Öffentlichkeit tragen muss. Außerdem erzählen uns Mary und Clive einiges über die Insel und aus Ihrem Leben. Die Insel entstand vor 20 Jahren. Mary und Clive lebten in Kapstadt und waren im Urlaub in Plettenberg Bay. Da dort nicht viel los war, kamen sie zum Essen gehen nach Knysna, wo sie durch Champagner und Austern in einer kleinen Bar derartig in Kauflaune versetzt wurden, dass sie ihr Grundstück auf der Insel vom Reißbrett kauften. Damals konnte man sich noch nicht vorstellen, wie die Kanäle auf der Insel einst verlaufen würden. Ihr Haus war das fünfte, das auf der Insel gebaut wurde. Mittlerweile sind es 700. Mary erzählt, dass den Bewohnern anfangs noch ihre Häuser am wichtigsten waren. Nun seien die Boote wichtiger als die Häuser. Auch Mary und Clive besitzen ein Motorboot, einige Kajaks und ein Kanu. Gleich an unserem zweiten Abend nehmen sie uns auf dem Motorboot mit auf eine Spritztour durch die Kanäle von Thesen Island bis zu den Knysna Heads, einer besonders schwierigen Hafeneinfahrt, da sie durch die „Heads“ so eng ist. Die beiden machen uns so viele Freizeitangebote, dass wir gar nicht wissen, welches wir zuerst annehmen sollen: Kajak fahren, eine Tour mit dem Mountainbike, Golf spielen. Wir schieben also unsere geplanten Ausflüge noch etwas auf, erkunden erstmal die Insel und Knysnas Waterfront und versuchen uns im Golfen. Passend zur Größe der Insel, ist es eine Miniaturform von Golf, macht aber richtig Spaß, nachdem wir uns etwas eingespielt haben. Noch auf der Insel, aber außerhalb des abgesicherten Bereichs befindet sich Harbour Town. Hier gibt es einige Geschäfte und Restaurants, unter anderem die Île de Païn, eine Bäckerei mit Café, die ein Österreicher im Jahre 2002 gegründet hat. Laut Clive war er derjenige, der hier die Tradition des Sauerteigbrot Backens einführte. Außerdem gibt es köstliche Rosinenschnecken und Schokocroissants. Ansonsten fühlen wir uns hier wie auf Lummerland. Nur die Eisenbahn fehlt leider. Es gab sie, aber die Schienen sind defekt und wurden nicht mehr repariert.

Nach einigen Tagen raffen wir uns schließlich doch zu einem Ausflug auf und fahren in den Tsitsikamma National Park. Dort besuchen wir den Big Tree, einen Baum von acht Metern Umfang und 36 Metern Höhe und machen einen Spaziergang durch den Urwald, der uns etwas an unsere Waldspaziergänge in Neuseeland erinnert. Weiter geht es zum Storms River Mouth, einer beeindruckenden Schlucht direkt am Meer, über die einige Hängebrücken führen. In einer kleinen Bucht können wir sogar einen Badestopp einlegen, haben aber einen Heidenrespekt vor dem Sog des Indischen Ozeans und planschen nur etwas in Strandnähe. Zum Abschluss fahren wir ins Nature Valley und bewundern die Lagunenlandschaft dort.

Gleich am nächsten Tag fahren wir nach Plettenberg Bay und unternehmen eine Wanderung durch das Robberg Nature Reserve. Wir umrunden eine Landzunge an der Steilküste entlang. Der abwechslungsreiche Weg bietet immer wieder spektakuläre Ausblicke auf Küste und Meer. Direkt unter uns im Wasser tummeln sich hunderte Seerobben. Unter unseren Füßen tummeln sich leider Millionen Ameisen, die uns die Beine hochkrabbeln und uns zu einem zügigen Schritt zwingen.

Abends sind wir zum Braai (Grillen) bei Mary und Clive eingeladen und dürfen uns vorher noch im Paddeln mit den Kajaks versuchen. Eine sehr wackelige Angelegenheit, aber Mary und Clive geben uns eine gute Anleitung und es kann los gehen. Nachdem wir ein wenig durch die Kanäle gepaddelt sind, kommt Mary uns hinterhergepaddelt und führt uns auf eine Runde nach außen um die Wohnhäuser herum.
Anschließend verbringen wir gemeinsam einen sehr netten entspannten Abend mit Boerewors (außergewöhnlich gut gewürzte Grillwurst) und Straußenfilet.
Unser Ehrgeiz ist geweckt und so wagen wir uns am nächsten Vormittag gleich auf eine weitere Paddeltour. Nun haben wir den Dreh raus.

Da Knysna kulinarisch einiges zu bieten hat und vor allem für seine Austern berühmt ist, gehen wir hier an einigen Abenden essen und kommen auch hier voll auf unsere Kosten. Vor allem das Lokal Sirocco hat es uns angetan. Angezogen von den abendlich wechselnden Specials beehren wir es insgesamt drei Mal mit unserem Besuch. Unsere Kellnerin erkennt uns jedes Mal wieder und freut sich.

Und schon heißt es wieder Abschied nehmen. Diesmal fällt es uns wirklich schwer und Mary macht es uns auch nicht leichter als sie sagt: „You are the most amazing guests we‘ve ever had. Can‘t you stay longer?“ Aber uns zieht es weiter an die Wild Coast und wir starten zum zweiten Teil unseres Roadtrips in Richtung Port Elizabeth.